Am 27. Mai war der jährliche Schweizer Vorlesetag. Dieser soll aufmerksam machen auf die Wichtigkeit des Vorlesens für die kindliche Entwicklung. Die meisten Kinder freuen sich enorm, wenn man
ihnen anbietet, eine Geschichte zu erzählen oder gemeinsam ein Buch anzuschauen. Für Kinder ist es eine Art der Beziehungsbildung, wenn man gemeinsam in eine Geschichte eintaucht. Sie können zur
Ruhe kommen und geniessen den Augenblick. Das Vorlesen hat aber noch weitere, nicht zu unterschätzende Vorteile.
Was wird durch das Vorlesen gefördert?
Das Vorlesen unterstützt nachweislich die sprachlich-kognitive Entwicklung. Die Kinder, denen oft vorgelesen wurde, zeigen eine höhere Motivation, selbst lesen zu lernen (positive Grundhaltung
gegenüber Büchern) und später auch bessere Lese- und Leseverständnis-Kompetenzen. Der Wortschatz wird erweitert und komplexe Satzstrukturen können erfasst werden. Auch ihre Imaginationsfähigkeit,
ihr Vorstellungsvermögen, wird geschult, da sie sich beim Vorlesen ständig selbst Bilder der Geschichte ausdenken. Die Beziehung zum/zur VorleserIn wird gestärkt, da es sich um ein gemeinsames
Erlebnis handelt, bei dem ein kommunikativer Austausch stattfindet.
Etwa ab 9 Monaten ist ein Kind in der Lage, die gemeinsame Aufmerksamkeit mit dem/der ErzählerIn auf ein (Bilder-)Buch zu richten.
Wie soll ich vorlesen?
Lesen/erzählen Sie wenn möglich in ihrer gewohnten Sprache. Es ist zwar herausfordernd, wenn man einen Text beim Lesen simultan übersetzen soll (z.B. Standarddeutsches Buch in Schweizerdeutsch
übersetzen) aber mit ein wenig Übung klappt es meistens sehr gut.
Sehr wertvoll ist es für die Kinder, wenn Sie möglichst lebendig vorlesen. Das heisst, immer wieder Blickkontakt zum Kind aufnehmen, mit Mimik und Gestik das erzählte unterstreichen und die
Stimme verändern (laut, leise, Pausen einlegen, Stimmen der Figuren unterschiedlich sprechen usw.).
Das gemeinsame Betrachten von Bilderbüchern, das dialogische Lesen, ist dem klassischen Vorlesen vorzuziehen, wenn es um die Sprachförderung geht. Durch den intensiven Dialog über das
Gesehene/Gehörte wird das Kind stärker mit einbezogen und profitiert sprachlich noch mehr. Der Fokus dabei liegt nicht primär auf dem Vermitteln einer Geschichte, sondern auf der Kommunikation
mit dem Kind.
Das Gespräch über das Gehörte ist für Kinder sehr wichtig (während oder nach dem Vorlesen/Erzählen). Fragen des Kindes sollen Platz haben und diskutiert werden. Dies fördert das Textverständnis.
Was soll ich vorlesen?
Bei der Auswahl von Kinder – Literatur gibt es kaum Grenzen. Zu allen Themen/Interessen findet man passende Bilder- oder Vorlesebücher. Das Alter des Kindes sollte bei der Auswahl der Literatur
berücksichtigt werden. Viele Kinderbücher machen Altersempfehlungen. Grundsätzlich gilt, je jünger das Kind, desto mehr Bilder sollte das Buch haben und desto einfacher/eindeutiger sollten die
Zeichnungen sein.
Konkrete Empfehlungen finden Sie unter den Links bei den Quellen oder in Büchergeschäften.
Es lohnt sich, einen Grundstock an Kinderbücher zu Hause zu haben (z.B. Wimmelbücher, Geschichten, Sachbücher zu Themen die interessieren). Es ist jedoch nicht notwendig, eine ganze Bibliothek anzuschaffen. Abwechslung findet man in der Bibliothek vor Ort, die oftmals ein grosses Angebot an Kinderbücher hat. Die Kinder lieben es, wenn sie Bücher aussuchen dürfen, die ihnen später erzählt werden.
So einfach und schön kann frühkindliche Förderung sein! Holen Sie ein Bilderbuch und tauchen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind in eine Geschichte ein.
Quellen:
https://www.schweizervorlesetag.ch/de/
https://www.stiftunglesen.de/download.php?type=documentpdf&id=2593
Bei Fragen oder Anregungen dürfen Sie gerne per Mail auf mich zukommen.
small Foot AG - Die Kinderkrippe / Pädagogische Leitung
Juli 2020
Lea Catenazzi
Fachpsychologin für Kinder und Jugendliche FSP